Die Beherrschung der Medien durch die politische Klasse ist insofern demokratiefeindlich, als sie a) den Zugang der Opposition zu den Medien unverhältnismäßig erschwert, und b) die Indoktrination der Bevölkerung zum Nulltarif durchführt. Es ist ein Grund zur Empörung, daß wir für eine Flut von Fehlinformationen und für unsere eigene Indoktrination zur Kasse gebeten werden. Doch die Zwangsgebühren sind zur materiellen Einschränkung der freien Meinungsäußerung nicht wesentlich, sondern nur akzessorisch: die Meinungsfreiheit wird beschränkt, ob wir dafür zahlen oder nicht, der Staat wird die dazu nötigen Geldmittel schon aufbringen.

Das Hauptziel der AfD sollte sein, die Indoktrination, die Dominanz der staatsfinanzierten Medien zu beenden. Unsere Aktion „GEZ abschaffen“ ist nett, und wird uns gewiß Stimmen bringen. Doch sie ist im Kapitel „mehr Demokratie“ ein Nebenschauplatz.

Die Antifa hat eine ganz andere Qualität als die Zwangsgebühren. Um dies plausibel zu machen, ist ein summarischer Blick auf die Entwicklung des liberalen Staates erforderlich.

Die liberale Demokratie, unter anderem Angela Merkels BRD, läuft Gefahr (oder ist bereits auf dem Wege), in „milde Diktatur“ zu entarten. Alexis de Tocqueville (Die Demokratie in Amerika, 1840) konnte den Mechanismus noch nicht präzisieren, aber nach mehr als anderthalb Jahrhunderten haben wir eine Ahnung davon. Der Vorgang ist kein spontaner Verfall, sondern eine gesteuerte Umgestaltung, deren leitende Ideologie die marxistische Theorie des Klassenkampfes, in verschiedenen Abwandlungen, ist. Am Anfang stand die gewaltsame Diktatur des Proletariats, seit dem Zerfall des Kommunismus die „friedliche“ Machtübernahme durch den kulturellen Marxismus (Frankfurter Schule). Das „Proletariat“ hat sich als die soziale Basis, der „Motor“ der Revolution disqualifiziert (deplorables, nach Hillary Clinton). Die eigentlich fortschrittliche, also zur Herrschaft bestimmte, Klasse sind die „Intellektuellen“ (Antonio Gramsci), die ihren Marsch durch die europäischen Institutionen (insbesondere Parteien und Medien) in den 60er Jahren begannen. Der Historiker Ernst Nolte nannte den Vorgang den „Bürgerkrieg des zwanzigsten Jahrhunderts“. Der Bürgerkrieg ist nicht zu Ende, er hat sich im 21. Jh. verschärft.

Der liberale Rechtsstaat unserer Tage ist vordergründig permissiv, offen und tolerant. Er legt Wert darauf, im öffentlichen Diskurs auf Aufklärung und Dialog zu setzen, überholte Formen der staatlichen Repression zu verpönen, ein „freundliches Gesicht“ zu zeigen. Doch die Repression ist nicht verschwunden, nur ihre Mittel und Mechanismen sind subtiler und indirekter geworden. Die Gewaltanwendung wird teilweise an die „Gesellschaft“ delegiert—nach dem Geschäftsmodell der Industrie: „outsourcing“.

Unser Staat gewährleistet formal die Freiheit der Versammlung, der Meinungsäußerung, die Vereins– und Vertragsfreiheit. Doch ihre praktische Ausübung wird durch die Aktionen der Antifa materiell beschränkt.

Denn die Ausübung der Grundrechte erfordert Mittel, die zum Teil auf dem freien Markt besorgt werden müssen. Wir haben zwar die Freiheit, Geschäfts- und Veranstaltungsräume zu mieten, Infostände zu organisieren, Plakate aufzuhängen usw. Und der Staat kann nichts dafür, daß um die Demokratie „besorgte Bürger“ uns keine Geschäfts- und Veranstaltungsräume vermieten. Daß andere besorgte Bürger unsere Veranstaltungen „spontan“ blockieren, unsere Infostände verwüsten, unsere Plakate beschädigen und zerstören, oder sogar die Plakatierer tätlich angreifen usw. Daß andere „besorgte Bürger“, die zufällig an Entscheidungspositionen in den Institutionen sitzen, uns (ganz unpolitisch) Girokontos oder Arbeitsverträge kündigen usw.

Ein Großteil der „Gesellschaft“ und der „einfachen Bürger“ tut dies in Wirklichkeit weniger aus eigener Überzeugung, sondern sie reagiert damit auf die Einschüchterung, die von tatsächlichen oder angedrohten Aktionen der Antifa ausgeht. Die Antifa als Kampforganisation gefährdet die Demokratie um ein Vielfaches mehr als die Zwangsgebühren. Denunziation der Opposition durch Politik und Medien kann der AfD schaden und Mißtrauen in einem Teil der Bevölkerung sähen. Aber ohne die Aktionen der Antifa wäre ein Großteil der Denunziation wirkungslos. Die politische Korrektheit wirkt nicht, weil die Bevölkerung sie freiwillig sich zu eigen macht, sondern wegen der Einschüchterung, an der die Antifa einen erheblichen Anteil hat.

Die Einschüchterung wirkt nicht nur in der breiten Bevölkerung, sie reicht auch in die AfD hinein. Sie ist die Ursache der Streitigkeiten und Vorwürfe, ob diese oder jene Äußerung der Partei geschadet hat oder nicht, ob der Urheber aus der Partei ausgeschlossen werden solle oder nicht usw.

Zusammenfassend: Die Einschüchterung durch Antifa ist zur praktischen Beschränkung der Grundrechte nicht nur akzessorisch sondern wesentlich. Sie ist nur die Spitze des Eisbergs der staatlichen Repression gegen Andersdenkende. Sie ist mehr als ein „Auswuchs“: sie ist ein zentrales Instrument der schleichenden Umgestaltung der liberalen Demokratie in eine „milde Diktatur“.

Sie ist ein Grundproblem der modernen Demokratie. Insofern wäre es sehr wohl wert, sich mit ihr programmatisch zu beschäftigen.

 

Dr. Vilmos Holczhauser